Die Energiebilanz der Erde

In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns noch einmal mit dem Treibhauseffekt und der Energiebilanz der Erde, aber diesmal etwas quantitativer, das heißt mit einigen Formeln und mit Zahlen. Wer dies nicht möchte, der kann diesen Abschnitt auch einfach überspringen.

Bei der Energiebilanz der Erde betrachtet man die von außen mittels Sonnenstrahlung zugeführte Energie "Erein" und die mittels Wärmestrahlung wieder ins Weltall abgestrahlte Energie "Eraus" und die Differenz dieser beiden Energieflüsse, also die Netto-Energiezufuhr „Erein - Eraus“.

Eine näherungsweise Berechnung der aufgenommenen Energie Erein ist in Abbildung 27 dargestellt.

Erein

Abbildung 27: Berechnung der pro Zeiteinheit aufgenommenen Energie Erein.

Quelle der Energie ist die Sonne und die von der Sonne gelieferte Energie pro Zeiteinheit (also die Leistung) und pro Flächeneinheit wird als „Solarkonstante“ bezeichnet. Diese Solarkonstante ist in der Abbildung mit S bezeichnet. S hat den Wert 1361 W/m2. Dies ist die Energie in Joule, die jede Sekunde (Watt bedeutet Joule pro Sekunde) durch eine Fläche von einem Quadratmeter strömt, wenn diese Fläche senkrecht zur Sonne orientiert ist und diese einen Abstand von einer astronomischen Einheit (AE) von der Sonne hat. Eine AE (https://de.wikipedia.org/wiki/Astronomische_Einheit) ist genau der mittlere Abstand der Erde zur Sonne und beträgt etwa 150 Millionen Kilometer.

Mit welcher Fläche muss man S multiplizieren um die gesamte Leistung zu erhalten? Dies ist nicht die Oberfläche der Erdkugel, da einerseits nur eine Hälfte der Erde von der Sonne beschienen wird (nämlich nur die Tagseite) und auch auf dieser Tagseite nur die Fläche "genau unterhalb" der Sonne senkrecht von den Sonnenstrahlen getroffen wird. Mathematisch gesprochen muss man hier ein Integral lösen, aber dies wollen wir hier nicht tun, da dies nur wenigen Schülern aus der Mathematik vertraut sein dürfte. Stattdessen geben wir hier einfach das Ergebnis an: Die relevante Fläche ist einfach die Querschnittsfläche der Erde und diese berechnet sich für einen Kreis mit Radis r einfach als „Pi mal Radius zum Quadrat“, also als πr2. Der Radius der Erde ist 6371 km2.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Nein, wir wissen, dass die Erde keine Scheibe ist und nehmen daher hier nicht an, dass die Erde eine Scheibe ist. Wir nehmen hier jedoch an, dass die Erde in für uns hinreichend guter Näherung eine Kugel ist, obwohl streng genommen auch dies nicht stimmt. Aber diese Näherung ist hier gut genug, denn wir nehmen hier lediglich eine Schätzung mittels eines einfachen Modells vor um das Prinzip zu verstehen und um Zahlen in der richtigen Größenordnung zu erhalten.

Ein Faktor fehlt noch und dieser ist in Abbildung 27 als (1-α) bezeichnet. Hier bedeutet α die Albedo der Erde, also das Reflektionsvermögen der Erde. Albedo 1 bedeutet, dass alles reflektiert wird, also nichts absorbiert wird. In diesem Fall ist der Ausdruck in der Klammer gleich Null. Das andere Extrem ist Albedo gleich Null. In diesem Fall wird nichts reflektiert, sondern alles absorbiert. Der Ausdruck in der Klammer wäre dann 1. Dies zeigt, dass die Klammer den von der Erde absorbierten Anteil der Energie beschreibt. Es hat sich gezeigt, dass ein recht genauer Wert für die Albedo der Erde 0,3 ist, d.h. das 30% des Sonnenlichts mehr oder weniger direkt in den Weltraum zurückreflektiert werden. Damit wird der Ausdruck in der Klammer zu 0,7. Das heißt, 70% des einfallenden Sonnenlichts werden absorbiert und tragen zur Erwärmung bei.

Jetzt können wir Erein ausrechnen und das Ergebnis ist in Abbildung 27 angegeben: Jede Sekunde absorbiert die Erde Sonnenenergie von 1,2x1017 Joule, erhält also eine Leistung von 120 PetaWatt (Peta = 1015).

Nun Berechnen wir die abgestrahlte Energie Erein. Wie man dies näherungsweise machen kann ist in Abbildung 28 dargestellt.

Hierzu benötigen wir das bereits erläuterte Stefan-Boltzmann-Gesetz. Es besagt, dass ein sogenannter schwarzer Köper der Temperatur T pro Quadratmeter die Leistung P = σ T4 abstrahlt. σ ist hier die Stefan-Boltzmann-Konstante und der Wert dieser Konstanten beträgt 5,6704…x10-8 W/m2/T4. Die Temperatur T ist hier immer als absolute Temperatur anzugeben, also in der Einheit Kelvin. Diese Strahlung hängt nur von der Temperatur ab (wir nehmen hier an, dass die Erde ein schwarzer Körper ist, also eine Emissivität von 1 hat, was hier eine brauchbare Näherung ist) und wird von der Erde in alle Richtungen abgestrahlt. Die relevante Fläche hier ist also die Oberfläche der Erde und damit in unserer Kugelnäherung 4πr2.

Im Gleichgewichtsfall muss Erein = Eraus gelten und mittels dieser Gleichung kann man die Temperatur der Erde berechnen.

Dies ist in Abbildung 28 gemacht und es ergibt sich eine Temperatur von -18 Grad Celsius, was einer Leistung von 240 W/m2 nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz entspricht.

Die Erde muss also permanent 240 W/m2 in den Weltraum abstrahlen um die absorbierte Sonnenenergie wieder los zu werden.

Was bedeuten die -18 Grad Celsius? Wir wissen, dass dies nicht die mittlere Temperatur des Erdbodens oder der bodennahen Luftschichten ist. Dies ist die effektive Strahlungstemperatur mit der die Erde in den Weltraum abstrahlt. Wenn man die Erde aus dem Weltraum mittels Satelliten beobachtet und mittels Infrarotstrahlung die Temperatur der Erde misst, dann erhält man -18 Grad Celsius.

Glücklicherweise leben wir am Unterrand der Atmosphäre, wo die Temperaturen deutlich höher sind. Wir befinden uns nämlich unterhalb der uns wärmenden Treibhausgase, die uns wie eine Bettdecke vor der Kälte schützen. Wie bereits erwähnt, bewirkt der natürliche Treibhauseffekt, dass die Temperatur der Erde deutlich über der Strahlungstemperatur von -18 Grad Celsius liegt, nämlich ehr bei 15 oder 16 Grad (in Abbildung 29 noch einmal dargestellt).

Ursache für den natürlichen Treibhauseffekt ist im Wesentlichen der in der Atmosphäre vorhandene Wasserdampf (mit etwas mehr als 60%) gefolgt von CO2 (mit etwa 20%). Andere Treibhausgase sind bodennahes Ozon, Lachgas und Methan.

Eraus

Abbildung 28: Berechnung der pro Zeiteinheit abgestrahlten Energie Eraus.

Wirkung Treibhausgase

Abbildung 29: Die Wirkung von Treibhausgasen beim Treibhauseffekt.

Die genaue mathematische Modellierung des Treibhauseffektes kann beliebig komplex sein aber ein sehr einfaches Modell hilft hier auch schon weiter.

Dieses Modell ist in Abbildung 30 dargestellt. Wir nehmen hier einfach an, dass sich der wesentliche Effekt der Treibhausgase durch einen weiteren Parameter modellieren läßt und dieser ist in Abbildung 30 als τ bezeichnet (Quelle: Science Blog von Prof. Dr. Peter Lemke: https://scienceblog.at/book/export/html/496).

Mit τ = 1 ändert sich nichts, aber wenn man Werte kleiner als 1 wählt, dann reduziert sich Eraus bzw. man ben&öuml;tigt eine höhere Temperatur um das gleiche Eraus zu erhalten. Und genau deswegen ist dies ein sinnvolles Model. Treibhausgase blockieren die Abstrahlung und dies führt zu einem neuen Gleichgewicht mit einer neuen, höheren Temperatur. τ entspricht hier der Transmissivität, also der Durchlässigkeit der Atmosphäre. Je mehr Treibhaugase, je geringer die Transmissivität der Atmosphäre, also je kleiner das τ.

Energiegleichgewicht mit Treibhauseffekt.

Abbildung 30: Energiegleichgewicht mit Treibhauseffekt.

Abbildung 31 zeigt, welche Temperaturen man erhält, wenn man verschiedene Werte für die verschiedenen Parameter S (Veränderung der Sonnenstrahlung), α (Veäänderung der Reflektivität zum Beispiel durch Schmelzen des Meereises) und τ (Veränderung der Treibhausgaskonzentration) in die Temperaturformel einsetzt.

Temperaturformel.

Abbildung 31: Anwendung der Temperaturformel mit Treibhauseffekt.

Abschließend zu diesem Thema wollen wir nun die Energiebilanz und die Energieflüsse noch einmal etwas genauer betrachten. Abbildung 32 zeigt die mittleren globalen Energieströme für den Zeitraum März 2000 bis März 2004 (nach Trenberth et al., 2009).

Die Einstrahlung der Sonne beträgt 341,3 W/m2. Dies entspricht einem Viertel der Solarkonstanten bzw. dem Verhältnis der Oberfläche der Erde zu ihrer Querschnittsfläche und dieses Verhältnis ist genau 4 bei einer Kugel.

Von dieser Strahlung werden 101.9 W/m2 durch Reflektion in der Atmosphäre (an Wolken, Aerosolen und den Molekülen der Atmosphäre) sowie am Erdboden wieder in den Weltraum zurückreflektiert.

Die Differenz dieser Strahlungen, also die solare Nettoeinstrahlung, beträgt also 239,4 W/m2 (= 341,3 – 101,9).

Die thermische Ausstrahlung, also die Abstrahlung von Energie durch die langwellige Wärmestrahlung, beträgt 238,5 W/m2 (oben rechts). Das ist 0,9 W/m2 weniger als die Netto-Einstrahlung von der Sonne.

Dieses Strahlungsungleichgewicht von 0,9 W/m2 wirkt wie eine Kraft (englisch force), die eine Veränderung bewirkt. Da in diesem Fall die Erde mehr Energie aufnimmt als abgibt, ist die Folge eine Erwärmung, also eine Temperaturerhöhung. Dieses Strahlungsungleichgewicht wird auch Strahlungsantrieb genannt (englisch radiative forcing).

Die Erwärmung betrug im hier betrachteten Zeitraum um das Jahr 2002 etwa 0,7 Grad relativ zur vorindustriellen Zeit.

Da das Klimasystem Erde aber laut Abbildung 32 im Jahre 2002 nicht im Gleichgewicht war (da der Strahlungsantrieb nicht Null ist), ist eine weitere Erwärmung die Folge (und dies passierte auch).

Was bedeuten die anderen Angaben in Abbildung 32?

Was mit dem kurzwelligen Sonnenlicht passiert ist links in oranger Farbe gezeigt. Von den eingestrahlten 341 W/m2 werden 79 W/m2 von der Atmosphäre zurück in den Weltraum gestreut und 23 W/m2 werden am Erdboden reflektiert und verlassen dann auch die Erde ohne absorbiert zu werden.

78 W/m2 werden von der Atmosphäre absorbiert, zum Beispiel durch Gase wie Ozon und Wasserdampf. Das heißt, das die Atmosphäre auch im solaren Bereich nicht vollständig transparent ist, insbesondere nicht im sehr kurzwelligen Spektralbereich (hier absorbiert Ozon einen großen Teil der ultravioletten (UV) Strahlung). Die entscheidende Energiemenge des solaren Spektralbereichs, mit der die Landoberfläche und die Ozeane erwärmt werden, sind die resultierenden 161 W/m2.

Rechts sind die Energieströme des thermischen (also des langwelligen) Spektralbereichs dargestellt. Vom Erdboden werden aufgrund seiner Temperatur 396 W/m2 abgestrahlt. Von dieser Strahlung kommen aber effektiv nur 239 W/m2 am oberen Rand der Atmosphäre an, insbesondere aufgrund der Absorption dieser Strahlung durch Treibhausgase. Die Treibhausgase emittieren die absorbierte Energie wieder als Wärmestrahlung in alle Richtungen. Die nach unten gerichtete Komponente beträgt 333 W/m2 und erwärmt Erdboden und untere Luftschichten. Und das ist gut so, denn sonst wäre die Erde sehr kalt und quasi unbewohnbar, wie bereits geschildert.

Abbildung 32 zeigt, dass es noch zwei weitere Energieströme gibt, die sogenannten Wärmeströme. Bei diesen wird Energie nicht durch Strahlung übertragen, sondern durch andere Prozesse. Diese beiden Wärmeströme sind in der Mitte dargestellt. Der größere dieser beiden Energieströme überträgt 80 W/m2 vom Erdboden in die Atmosphäre und zwar in Form von latenter Wärme mittels Evapotranspiration am Erdboden (Energieaufnahme) und Kondensation bei der Wolkenbildung in der Atmosphäre (Energieabgabe). Evapotranspiration bezeichnet in der Meteorologie die Summe aus Transpiration und Evaporation, also der Verdunstung von Wasser aus Tier- und Pflanzenwelt sowie von Böden- und Wasseroberflächen (https://de.wikipedia.org/wiki/Evapotranspiration).

Der zweite dieser beiden Nichtstrahlungs-Energieflüsse ist mit Konvektion bezeichnet beträgt 17 W/m2. Er entspricht der Erwärmung von Luft durch den Kontakt mit dem Erdboden und stellt einen Transport fühlbarer Wärme dar.

Summiert man die am Unterrand der Atmosphäre nach unten verlaufenden Energieflüsse, so erhält man 494 W/m2 (= 161 + 333).

Summiert man die nach oben verlaufenden Energieflüsse, so erhält man 493 W/m2 (= 17 + 80 + 396).

Das heißt auch hier gibt es einen Netto-Energiefluss nach unten, welcher den Erdboden erwärmt. Die Differenz ist hier 1 W/m2, da wir mit gerundeten Zahlen gerechnet haben, aber die genauere Zahl ist 0,9 W/m2 und in Abbildung 32 angegeben.

Es gibt also einen Nettofluss von Energie aus dem Weltraum zum Erdboden, welcher zu einer Erwärmung der Erde führt.

Energierstroeme.

Abbildung 32: Mittlere globale Energieströme in W/m2 für den Zeitraum März 2000 bis März 2004 (nach Trenberth et al., 2009). Die Gegenstrahlung durch Treibhausgase beträgt hier 333 W/m2 und die Nettoenergieaufnahme, welche zu einer Erwärmung führt, ist hier mit 0,9 W/m2 angegeben.


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