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Charakteristika von gometran

Generell bestimmt gometran das diffuse Strahlungsfeld, also für alle Höhenschichten sowie Raumwinkel. Für eine ausgewählte Geometrie wird die direkte Strahlung zur diffusen addiert. Licht, welches am Oberrand der Atmosphäre eindringt, kann gemäß der formalen Lösung der STG (beliebiger Ordnung) durch Absorption und Streuung aus der Blickrichtung des fiktiven Beobachters entfernt werden. Quellen der Strahlung entlang der Blickrichtung stellen wiederum Einfach- und Mehrfachstreuung bzw. LAMBERT'sche Bodenreflektion dar.
Die wesentlichen Charakteristika von gometran sind im Einzelnen aufgelistet.
Polarisation: Die  Polarisation des Lichts wird nicht berücksichtigt. Das heißt, daß nicht die vier Einzelkomponenten des STOKES-Vektors für jeden Streuprozeß berücksichtigt werden, sondern nur das arithmetische Mittel der (inkohärenten) Intensitäten der beiden Schwingungsebenen. Der Grund für diese Beschränkung ist in erster Linie durch die Vervielfachung der Rechenzeit bei Berücksichtigung des STOKES-Vektors und der mit dem Streuprozeß verbundenen MüLLER Matrix gegeben. Durch die Annahme des rein unpolarisierten Strahlungstransports induzierte Fehler sind für einen relativ großen Wellenlängenbereich durch Haan et al. (1987) untersucht worden. Sie ermittelten keine nennenswerten Differenzen unterhalb von 290 nm und oberhalb von 350 nm. In den HARTLEY-HUGGINS Banden betrugen die Differenzen allerdings bis zu 5%. Für diese Arbeit spielen diese Differenzen keine Rolle, da sie spektral breitbandig sind und somit in den folgenden Untersuchungen durch ein Polynom kompensiert werden.
Weiterhin wird die  Depolarisation der RAYLEIGH Streuung durch die Anisotropie der Polarisierbarkeit der streuenden Moleküle (siehe Abschnitt 3 und Anhang B) berücksichtigt. Sie gibt die zusätzliche Intensität gegenüber isotroper Streuung an.
Pseudo-sphärische Approximation und Refraktion: In nicht-brechenden plan-parallelen Atmosphären legen alle direkten Sonnenstrahlen die gleiche Strecke zurück. Sie sind für diesen Fall nicht unterscheidbar. Für große Sonnenzenitwinkel (ALT,vergleiche z.B. mit Eichmann (1995)) muß allerdings die Krümmung der Erdatmosphäre in die Berechnungen der Radianz eingehen. Die lokalen Zenitwinkel hängen nun vom Ort des einfallenden Lichts ab. In einer realen Atmosphäre muß weiterhin bei ausreichend großen Sonnenzenitwinkel die Refraktion durch Dichteunterschiede der einzelnen Höhenschichten berücksichtigt werden. Sowohl die Sphärizität der Atmosphäre als auch die  Refraktion werden für die einfachgestreute Strahlungskomponente, die nicht am Boden reflektiert wurde, einbezogen. Da die Berücksichtigung beider Probleme aus Rechenzeitgründen nicht für das gesamte Strahlungsfeld (also auch für die Mehrfachstreuung sowie die vom Boden reflektierte Komponente) durchgeführt wurde, nennt man den Ansatz auch  pseudo-sphärische Approximation mit Refraktion. Hinreichend große Genauigkeit hat dieses Verfahren bis zu Sonnenzenitwinkeln von etwa ALT.
Gasabsorption: Die Absorption elektromagnetischer Strahlung ist über den  Absorptionskoeffizienten, bzw. Querschnitt eine zum Teil wesentliche Einflußgröße im Strahlungstransport auf die zu ermittelnde Radianz. Die Absorptionsquerschnitte vieler Gase im GOME Wellenlängenbereich haben charakteristische Spektralstrukturen, welche vergleichbar mit der spektralen Auflösung des Instrumentes sind. Die Absorptionskoeffizienten bzw. Absorptionsquerschnitte werden daher zur Identifikation und Bestimmung der atmosphärischen Gehalte (Gesamtgehalt, aber auch Vertikalprofile) der Absorber herangezogen.
Es werden zwei verschiedene Typen von Absorptionsspektren (die Dispersion des Absorptionsquerschnittes) unterschieden: (i) die kontinuierlichen Spektren und (ii) die Linienspektren. Erstere enthalten eine Vielzahl an Übergängen, die spektral nicht mehr auflösbar sind. Ihre Absorption kann zwar stark sein, die wellenlängenabhängigkeit der Absorption innerhalb der instrumentellen Auflösung ist allerdings klein bis moderat. Anders ist dies hingegen bei Linienabsorbern. Hier ändert sich der Absorptionsquerschnitt um zum Teil mehrere Größenordnungen in Spektralintervallen, die meist deutlich kleiner sind als die spektrale Auflösung der Meßinstrumente. Linienabsorptionsspektren sind zum Beispiel für O2 und H2O relevant und hängen häufig auch stark von Druck und Temperatur ab (Buchwitz, 1998). In dieser Arbeit sind Wellenlängenbereiche untersucht worden, in denen ausschließlich Absorption des Typs (i) vorgelegen hat. Ferner wurden unter anderem auch solche Wellenlängenbereiche untersucht, in denen die Absorptionsspektren zum Teil ausgeprägte Temperaturabhängigkeit aufweisen. Dies ist insbesondere für Ozon in den HARTLEY-HUGGINS Banden, aber auch für NO2 im sichtbaren Wellenlängenbereich der Fall. In gometran wird diese Abhängigkeit über Interpolation auf die Temperatur der aktuellen Höhenschicht berücksichtigt. Die Interpolation ist erforderlich, da die Spektren üblicherweise für ausgewählte (realistische) Temperaturen bestimmt wurden.
In dieser Arbeit ist vorzugsweise mit dem Sonnenspektrum des GOME gearbeitet worden. Aus diesem Grund ist es vorteilhaft, veröffentlichte Absorptionsspektren, die ebenfalls mit dem GOME-FM (GOME Flight Model , das GOME Flugmodell) Instrument gemessen wurden, zu benutzen, da die Spektren ähnlichen (idealerweise, aber nicht notwendigerweise gleichen) instrumentellen Einflüssen unterliegen. Hierzu gehört neben der spektralen Auflösung und Abtastung auch die Sensitivität des Instrumentes bezüglich der Polarisation, Temperatur, etc.
Klimatologie: Für die Bestimmung von Absorptions- und Streukoeffizienten aus den Querschnitten werden neben den Höhenprofilen für Druck und Temperatur auch die Mischungsverhältnisse für die jeweiligen Absorber benötigt. Die zonal bestimmten Monatsmittelwerte sowie mittlere Werte für Aerosolstreu- und Absorptionsparameter bezeichnet man auch als  Klimatologie. Soweit nicht anders beschrieben sind hier die Daten eines chemischen zweidimensionalen Atmosphärenmodells (Brühl & Crutzen, 1992) des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPI) zum Einsatz gekommen. Derzeit sind folgende Absorberprofile in gometran implementiert: BrO, ClO, HCHO, SO2, NO2, NO3, OClO, O3, O4. Aerosolspezifische Parameter  sind durch die Aerosolklimatologie des Strahlungstransportmodells LOWTRANVII (Kneizys et al., 1986) berücksichtigt worden. In dieser Arbeit sind in erster Linie feste Parameter zur Anwendung gekommen: Ein maritimes Aerosol, mit einer Sichtweite von 23 km in der Grenzschicht und 50 km in der freien Troposphäre. Eine deutlich flexiblere Aerosolparameterisierung wurde durch Hoogen (1995) spezifisch für den GOME Wellenlängenbereich entwickelt. Die resultierende Datenbasis war für die verwendete gometran Version nicht verfügbar und wurde daher nicht berücksichtigt.
Aerosolstreuung - Phasenfunktion: Wie bereits oben erklärt sind die Streu- und Absorptionseigenschaften der Aerosole durch die Klimatologie bestimmt. Zur vollständigen Beschreibung fehlt die Winkelabhängigkeit der MIE gestreuten Strahlung (in Abschnitt 3 sind die Winkelabhängigkeit sowie der Streuquerschnitt für die beiden anderen in gometran berücksichtigten Streuprozeße, RAYLEIGH Streuung und RRS, beschrieben). Sie wird durch die Phasenfunktion beschrieben. Die Phasenfunktion der MIE Streuung hat keine einfache analytische Form wie etwa RAYLEIGH oder RAMAN Streuung. Als Approximation für Streuprozeße mit starker räumlicher Vorwärtskomponente, wie die MIE Streuung wurde die häufig verwendete  HENYEY-GREENSTEIN Phasenfunktion benutzt. Mittels eines Anisotropiefaktors g läßt sich die Stärke der Vorwärtsstreuung parametrisieren. Die HENYEY-GREENSTEIN Phasenfunktion hat folgende Bauform (weitere Information in Abschnitt 9):  

 ALT (1)

Im Prinzip ist es möglich, die exakte MIE Phasenfunktion anstelle der Approximation zu nutzen (Kurosu, 1997), allerdings ist aufgrund ihrer großen angularen Variabilität die Einbeziehung einer großen Anzahl von Stützstellen für die Quadratur nötig (siehe Abschnitt E). Dies führt wiederum zu einer signifikanten Zunahme der Rechenzeit.



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Marco Vountas