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RAYLEIGH und RAMAN-Streuung

 

Die Theorie der RAYLEIGH und RAMAN Streuung ist in verschiedenen Arbeiten, z.B. (Long, 1977; Placzek & Teller, 1933; Placzek, 1934; Suschtschinskij, 1974; Weber, 1973) bereits erschöpfend dargestellt worden. Es soll daher im folgenden nur eine kurze Beschreibung der für Modellierung im Strahlungstransport relevanten Größen geschehen.

Es besteht ein direkter Zusammenhang von RAYLEIGH- und RAMAN Streuung: während bei der isotropen (bezüglich der Polarisierbarkeit) RAYLEIGH Streuung, die im folgenden auch mit CABANNES Streuung (Young, 1982) bezeichnet wird, die mittlere Polarisierbarkeit ALT die Moleküleigenschaften des Streuprozesses widergibt, ist es im Falle der RRS die Anisotropie der Polarisierbarkeit ALT. Die anisotrope, spektral nicht aufgelöste RAYLEIGH-Streustrahlung (Superskript: ,,ray``) ist die Summe der Radianz der (isotropen) CABANNES-Streuung (Superskript: ,,cab``) und der der RRS-Linien (Superskript: ,,rrs``). Die von einem Molekül RAYLEIGH-gestreute Radianz bei unpolarisierter Irradianz I0 ist daher bestimmt durch:

ALT

wobei ALT das Raumwinkelintervall für die einfallende Irradianz ist, ALT die Anregungswellenlänge und ALT die insgesamt L RRS Linienpositionen. N ist die Teilchenkonzentration, ds das Wegintervall und ALT der Streuwinkel, ALT und ALT die Phasenfunktionen, und ALT sowie ALT die Streuquerschnitte der CABANNES Streuung und RRS. Die Abbildung 3.1 zeigt einen fiktiven Versuchsaufbau, der den Zusammenhang der drei Streuprozeße illustriert. Entlang der durch den Kegel dargestellten Beobachtungrichtung wird ausschließlich Streulicht empfangen. Wenn die resultierenden Photonen durch RAYLEIGH Streuung von ihrer ursprünglichen Ausbreitungsrichtung abgebracht (ALT,,Streuung im räumlichen Sinne``) wurden, so entstehen neben der ursprünglichen Energie der Photonen weitere Energieniveaus (ALT ,,Streuung bezüglich de Energie``). Das charakteristische Muster, die sogenannten STOKES- und ANTI-STOKES Linien, dieser Energieniveaus bildet sich um eine kräftige zentrale Linie aus, welche auch CABANNES Linie genannt wird. Ist die spektrale Auflösung des virtuellen Meßgerätes nicht groß genug, um die STOKES- und ANTI-STOKES Linien über die ganze Bandbreite aufzulösen, so ergibt sich die RAYLEIGH-gestreute Radianz.
  ALT

Im folgenden werden die Größen ALT und ALT sowie ALT und ALT näher beschrieben und mit den Größen der ,,klassischen`` anisotropen RAYLEIGH Streuung ALT und ALT in Zusammenhang gebracht.

Größen der RAYLEIGH-Streuung

Die Beschreibung der relevanten Größen für die RAYLEIGH-Streuung wird im folgenden auf der Basis von klassischen (nicht-quantenmechanischen) Überlegungen durchgeführt, da auch die praktische Umsetzung auf der Basis der klassischen Repräsentation geschieht. CABANNES Streuung (bezüglich der Polarisierbarkeit isotrope RAYLEIGH Streuung): Für die spektral nicht verschobene Streustrahlungskomponente ist bei isotroper (ALT) Polarisierbarkeit (der ursprüngliche Ansatz von RAYLEIGH) die Richtungsabhängigkeit gegeben durch die auf ALTnormierte Phasenfunktion (Long, 1977): 

ALT
Die Wellenlängenabhängigkeit wird im (molekularen) Streuquerschnitt
ALT
zusammengefaßt. Die makroskopische Größe zur Beschreibung der mittleren Polarisierbarkeit ALT für Luft ist der Brechungsindex n. Beide sind verknüpft über die sogenannte LORENTZ-LORENZ'sche-Beziehung (in der Näherung für Gase) (Born, 1933):  

 ALT (1)

wobei N0 die Loschmidtzahl ist. Im folgenden wird allerdings aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die Darstellung von ALTmittels n verzichtet, obwohl diese Schreibweise die in der Literatur gängige ist und auch im Rahmen der Implementierung genutzt wurde.
Anisotrope RAYLEIGH Streuung: Das von RAYLEIGH selbst erweiterte klassische Modell der molekularen Streuung berücksichtigte bereits ,,nicht-sphärische`` Streuteilchen. Durch die Einbeziehung der nicht-isotropen Polarisierbarkeit hängt die RAYLEIGH Streuung nun von ALT ab. Die für die Lichtstreuung in Gasen notwendige räumliche Mittelung der nicht-isotropen Polarisierbarkeit (ALT) über alle räumlichen Orientierungen der Streuzentren hatte weiterhin die implizite Einbeziehung der Molekülrotation zur Folge. Die spektrale Auflösung der RRS Linien erfolgt allerdings mit diesem Modell nicht. Die spektral nicht-aufgelöste Radianz der RAYLEIGH Streuung ist für ALT und unpolarisierte Irradianz unter anderem bestimmt durch die auf ALT normierte Phasenfunktion:   

 ALT (2)

wobei ALT die Depolarisation, also die Abweichung von der vollständigen Polarisation von RAYLEIGH-gestreutem Licht bei 90o Streuwinkel angibt (siehe auch Kapitel 7). Sie ist abhängig von ALT und ALT (siehe Anhang B). Der Streuquerschnitt ALT wird dann:  

 ALT (3)

Der Faktor Fk wird in der Literatur häufig als KING Faktor (nach L.V. King (King, 1923)) bezeichnet (siehe Anhang B). Im Rahmen dieser Arbeit kommt den Gleichungen 2 und 3 besondere Bedeutung bei, da sie in dieser Form auch im STM implementiert sind. Allgemein besteht die gesamte Streustrahlung von räumlich frei orientierbaren Systemen aus zwei Komponenten: einer im räumlichen Sinne isotropen und einer anisotropen Komponente (Long, 1977). Diese sind auf den symmetrischen- bzw. antisymmetrischen Teil des Polarisierbarkeitstensors zurückzuführen.
Größen der RAMAN-Streuung
Die Intensität einer RRS Linie für einen Übergang zwischen den Rotationsenergieniveaus EJ und EJ' hängt für eine Anzahl N streuender Moleküle von der Summe der Besetzungswahrscheinlichkeiten aller Anfangszustände der  Rotationsquantenzahl J, den statistischen Gewichtsfaktoren gJ für die Anfangszustände und der Irradianz I0 ab. Die in den gesamten Raumwinkel Rotations - RAMAN- gestreute Radianz (Schrötter & Klöckner, 1979) ist:  

 ALT (4)

Für das hier angenommene thermodynamische Gleichgewicht gehorcht die Besetzungswahrscheinlichkeit der BOLTZMANN-Statistik, so daß die Anzahl der Moleküle im Zustand J gegeben ist durch:
ALT
EJ ist die Energie des Anfangszustandes, k die BOLTZMANN Konstante und T die Temperatur. Z ist die Zustandssumme und wie folgt definiert:
ALT
Für den in dieser Arbeit angenommenen starren Rotator ist die Rotationsenergie E als Funktion von J gegeben durch:
 
E(J) = h c B0 J ( J + 1 ), (5)
wobei h das PLANCK'sche Wirkungsquantum, c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und B0 die Rotationskonstante des betrachteten Moleküles im Vibrationsgrundzustand ist. Auf den Streuquerschnitt ALT und die Phasenfunktion ALT wird im folgenden gesondert eingegangen.
Richtungsabhängigkeit: Die auf 4ALT normierte Phasenfunktion ALT gibt die Richtungsabhängigkeit von RRS (siehe auch Placzek (1934)) an. Für die Einstrahlung von unpolarisiertem Licht ergibt sich:   

 ALT (6)


Streuquerschnitt: ALT ist der Streuquerschnitt und kann mit Hilfe der von Placzek begründeten Polarisierbarkeitstheorie über die Invarianten des Polarisierbarkeitstensors definiert werden. Für die Streuintensität ist das Absolutquadrat der Matrixelemente des Polarisierbarkeitstensors maßgebend. In der Abwesenheit von äußeren Feldern sind für den Zustand J 2J+1 Zustände (ALT) entartet. Daher muß die Summe der Matrixelemente über alle möglichen Zustände der Quantenzahlen M und M' bestimmt und hiernach durch die Entartung des Anfangszustandes (2J+1) dividiert werden. Der Streuquerschnitt ist nach räumlicher Mittelung und Zerlegung der Streustrahlung in sogenannte Spur- und Anisotropiestreuung schließlich (Placzek & Teller, 1933):  

 ALT (7)

Die Gleichung 7 beschreibt die spektrale Abhängigkeit von RRS. Wie schon oben definiert wurde, handelt es sich bei ALT um die Anisotropie der Polarisierbarkeit. Die Faktoren ALT sind abhängig von der Auswahlregel und werden weiter unten definiert. Die Verschiebungswellenlänge ALT für den Übergang von J nach J' korrespondiert über die Beziehung ALT mit der Energiedifferenz ALT zwischen Anfangs- und Endzustand:
ALT
Die Größe der Energiedifferenz und damit der Verschiebungswellenlänge ist bedingt durch die Auswahlregeln.
Auswahlregel: Die Auswahlregel für RRS ist ALT, wobei ALT mit der (starken) spektral unverschobenen CABANNES Linie korrespondiert und ALTSTOKES-Übergängen, ALTANTI-STOKES-Übergängen entsprechen. Mit Glg. 3.5 und der Auswahlregel ergibt sich für STOKES-Übergänge
ALT
sowie für ANTI-STOKES-Übergänge
ALT
Weitere vom Rotationsübergang abhängige Größen sind die Faktoren bALT. Sie entsprechen der Rotationsabhängigkeit der Betragsquadrate der mittleren Matrixelemente des Polarisierbarkeitstensors und werden häufig auch als PLACZEK-TELLER-Koeffizienten bezeichnet. Die Herleitung dieser Faktoren für lineare (aber auch symmetrische Kreisel) Moleküle ist z.B. Placzek & Teller (1933) zu entnehmen und sei hier nur erwähnt:
ALT

Abbildung 3.2 zeigt exemplarisch RRS Spektren für O2 und N2, wobei die CABANNES Linie nicht dargestellt wurde. Für beide Gase wurden jeweils zwei Wellenlängenbereiche ausgewählt. Hierbei zeigt sich deutlich, daß der Einfluß von RRS zu kürzeren Wellenlängen hin wächst. Der für N2 charakteristische Intensitätswechsel benachbarter Linien geht auf die statistischen Gewichte gJ zurück. gJ berücksichtigt, daß für die Gesamtwellenfunktion aus Symmetriegründen nur bestimmte Werte des Molekül-Kernspins erlaubt sind. Bei O2 fehlen für gerade J aus diesem Grund die Linien völlig. Die den Berechnungen zugrundliegenden Daten sind im Anhang B in Tabelle B.1 zusammengefaßt.

  ALT



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Marco Vountas