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Vergleich mit dem GSFC Modell

Wie bereits in Abschnitt 2.2 erörtert, stehen im Bereich der Modellierung des RING Effektes außerordentlich wenig Modelle zur Verfügung, die ausreichend dokumentiert und validiert wurden. Für einen Vergleich mit einem anderen Modell kommt in erster Linie das Modell einer Gruppe des GSFC (Goddard Space Flight Center ) der NASA (National Aeronautics and Space Administration ) in Frage, da das Modell ausführlich beschrieben wurde sowie konkrete Daten von den Autoren (Joiner et al., 1995) erhältlich sind. Der Vergleich mit einem anderen validierten Modell (Kattawar et al., 1981) scheiterte an der unzureichenden Beschreibung und Verfügbarkeit der Daten, die in einen solchen Vergleich eingehen (Burrows et al., 1996).
Das Modell der Gruppe des GSFC (im folgenden mit ,,GSFC Modell`` bezeichnet) basiert auf der Lösung der STG mittels der  ,,successive order of scattering``- Methode. Sie geht auf einen Vorschlag von Sekera (1961) zurück und löst die STG auf iterativem Weg. Für den ersten Iterationsschritt ergibt sich das primärgestreute Strahlungsfeld, für den zweiten Schritt das sekundärgestreute usw. Die Methode besitzt daher gegenüber anderen numerischen Methoden den Vorteil, daß Ihre Resultate die physikalische Interpretation unterstützen. Ein entscheidender Nachteil ist allerdings, daß die Konvergenz des Verfahrens mit zunehmender Streuteilchendichte des Mediums abnimmt.
Der Vergleich der Modellresultate fokussiert sich auf die Auffüllung der CaIIK Linie (vergleiche mit Anhang A).
Vergleich für simplifizierte Modellannahmen
Die Modellierung des RING Effektes im GSFC Modell erlaubt nicht die Einbeziehung von Aerosolstreuung. Somit wurden die Werte für Phi in der CaIIK in Abhängigkeit des SZA zunächst nur für Einfach- und Mehrfachstreuung (im folgenden wird der Begriff Einfachstreuung mit SS und Mehrfachstreuung MS abgekürzt) ohne Aerosolstreuung verglichen.
  ALT

Die Ergebnisse beider Modelle sind im Bereich um 90o SZA vergleichbar, da auch das GSFC Modell eine pseudo-sphärische Approximation (siehe Abschnitt 6) der einfachgestreuten Strahlung berücksichtigt.
Das GSFC Modell wurde ursprünglich zur Bestimmung von RING Spektren für das SSBUV (siehe Abschnitt 2) entwickelt. Die Modellergebnisse sind daher für Nadirbeobachtungen in Satellitengeometrie bestimmt worden. Weiterhin wurde eine konservative Atmosphäre angenommen. Bodenreflektion wurde zunächst nicht einbezogen (A = 0). Die vom GSFC Modell genutzten Werte für die Anisotropie der Polarisierbarkeit ALT bzw. die Depolarisation ALT (siehe Abschnitt 3 und Anhang B), Druck und Temperatur, sowie das Irradianzspektrum des SSBUV und konkreten Auffüllungswerte wurden freundlicherweise von J. Joiner zur Verfügung gestellt. Der angegebene Wert für ALT lag für den untersuchten Wellenlängenbereich deutlich zu hoch, wurde aber für diesen Vergleich trotzdem angenommen. Da die gometran Berechnungen auf dem SSBUV Irradianzspektrum als Eingangsgröße beruhen, ist die resultierende Auffüllung nur für die spektrale Auflösung FWHM ALT 1.1 nm (FWHM, engl.: Full Width at Half Maximum , Halbwertsbreite) des SSBUV gültig (nicht dargestellt ist der Einfluß der spektralen Auflösung auf die Auffüllung. Für eine Untersuchung zu diesem Sachverhalt siehe Bussemer (1993)).
Abbildung 9.1 zeigt die Modellergebnisse für SS (links) und MS (rechts) im Vergleich. Beide Modelle führen zu einem Anstieg der Auffüllung mit zunehmenden SZA. Dies korrespondiert mit den Erfahrungen, die die meisten Experimentatoren bei Bodenmessungen machten (Vergleiche mit Abschnitt 2.2).
Vergleich der SS Werte: Der Anstieg der Auffüllung mit dem SZA ist maßgeblich bedingt durch die in Relation zu RAYLEIGH Streuung isotrope  Phasenfunktion. Einen Überblick über die Phasenfunktionen gibt das Polardiagramm 9.2. Die  HENYEY-GREENSTEIN Phasenfunktion ist bereits dargestellt, obwohl Aerosolstreuung an dieser Stelle noch nicht berücksichtigt wird. Für SS bei Nadirbeobachtung entspricht der SZA gerade dem Streuwinkel. In einem Bereich von 90o Streuwinkel steigen durch die fast isotrope Phasenfunktion von RRS   die Wahrscheinlichkeit der inelastischen Streuung und somit die Phi-Werte für SS.
  ALT


Vergleich der MS Werte: Für MS bestimmt zunächst die SS die SZA Abhängigkeit, aber zusätzlich ist ein Anstieg der Auffüllung gegenüber den SS Auffüllungswerten zu beobachten. Dies korrespondiert mit der Modellvorstellung, daß die Anzahl der inelastischen Streuprozesse steigt. Die Auffüllung für MS steigt zu großen SZA hin schneller als für SS. Auch dieses Verhalten erklärt sich durch die stark-isotrope Phasenfunkion von RRS, da mehrfachgestreute Strahlung (nicht nur aus der Richtung der Sonne, sondern aus allen Richtungen) ähnlich stark gewichtet wird (im Gegensatz zur RAYLEIGH Streuung).
Übereinstimmung der Resultate für beide Streumodi ist als gut zu bezeichnen, wobei erwartungsgemäß die Resultate für SS deutlich besser übereinstimmen als für MS. Da die Komplexität der Lösung für MS wesentlich größer ist als für SS, sind zunehmende Unterschiede zu erwarten gewesen. In beiden Fällen nehmen die Differenzen zu großen Werten für den SZA ab. Dieses Verhalten ist entsprechend stärker ausgeprägt für SS. Maximale Abweichungen sind in beiden Fällen zwischen 60-80o zu beobachten. Der Grund, warum in beiden Fällen gometran Werte durchweg größer sind, konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Eine Schlüsselrolle für die niedrigeren GSFC Werte im Fall der Mehrfachstreuung spielt aber höchstwahrscheinlich die Einbeziehung einer begrenzten Anzahl an Streuprozessen im GSFC Modell: hier wird zwar die Anzahl der Streuprozesse in Hinblick auf Wellenlängenstreuung ebenso wie in gometran auf eins beschränkt (also Streuung erster Ordnung, vergleiche auch mit Kapitel 5), allerdings ist die gesamte Anzahl der Streuprozesse, die ein Photon durchlaufen kann, höchstens acht. Im Vergleich dazu ist die Anzahl der Streuprozesse in gometran nicht beschränkt.
Vergleich bei Einbeziehung von Bodenreflektion und Aerosolstreuung Ebenso wie gometran erlaubt das GSFC Modell die Einbeziehung von  LAMBERT' scher Bodenreflektion. Von J. Joiner wurde Auffüllungswerte in Abhängigkeit des SZA bei drei verschiedenen Bodenalbeden (A=0.08, 0.20, 0.95) bereitgestellt. Zunächst wurde keine Aerosolstreuung einbezogen. Die Berechnungen von Joiner et al. (1995) mit Bodenreflektion wurden ausschließlich für MS durchgeführt, daher wurde hier auf eine Unterscheidung von MS und SS verzichtet.
Vergleich der gometran Phi-Werte mit und ohne Bodenreflektion (ohne Aerosolstreuung): Der Vergleich der Abbildungen 9.1 (rechts) und 9.3 (links) zeigt, daß die Auffüllung mit Berücksichtigung von Bodenreflektion für SZA kleiner ALT unter denen ohne Berücksichtigung von Bodenreflektion liegt, was zunächst überraschend ist. Erwartungsgemäß gibt es für kleinere Albeden (0.08 und 0.20) bei großen SZA kaum Unterschiede zu dem Ergebnis ohne Bodenreflektion. Dieses Verhalten war zu erwarten, da für große SZA der Einfluß der Bodenalbedo abnimmt.
Zwischen ALT und ALT SZA liegen die Werte mit Berücksichtigung der Bodenalbedo über denen ohne Bodenreflektion. Dies ist eine Konsequenz des LAMBERT'schen Reflektionsgesetzes, welches in der Herleitung der STG angenommen wurde (siehe Abschnitt 4) und die Einstrahlung auf den Erdboden unter großem Winkel schwächer gewichtet als kleine Winkel (Abhängigkeit: ALT(SZA)). Für kleine SZA ist die Auffüllung wiederum kleiner, weil das Maximum der  RAYLEIGH Phasenfunktion in Rückwärtsrichtung (aber natürlich auch in Vorwärtsrichtung) liegt und somit die ,,Menge`` des elastisch-gestreuten Lichts ALT entsprechend groß ist.
Vergleich der gometran-Phi Werte mit Bodenreflektion untereinander (ohne Aerosolstreuung): Die Auffüllungwerte Phi der gometran Berechnungen (in Abbildung 9.3, links) sind für mittlere Albeden (wie zum Beispiel A=0.2) für SZA bis etwa ALTam kleinsten. Die Bodenalbedo von 0.08 zeigt hier größte Werte, die allerdings immer noch kleiner sind als für Berechnungen ohne Bodenreflektion (Erklärung siehe unten). Dieses Verhalten kehrt sich ab etwa 40o um: es ergeben sich zwar immer noch kleinste Werte für eine Albedo von 0.2, aber das Maximum geht nun über zur größten Albedo (A=0.95). Dieses Verhalten zeigt, daß die zusätzliche Lichtmenge durch eine große Albedo nicht notwendigerweise zu einer erhöhten Auffüllung führen muß. Hierfür sind im wesentlichen zwei kontraproduktive Prozesse verantwortlich:

1.
Die stark-isotrope RRS Phasenfunktion kommt wie auch bei großen SZA zum Tragen, wenn die LAMBERT'sche Abstrahlung unter großen Winkeln geschieht. Zu Erklärung kann folgendes gedankliches Modell hinzugezogen werden: Die LAMBERT'sche Reflektion führt zur isotropen Abstrahlung. Die reflektierte Strahlung existiert damit auch für sehr große Reflektionswinkel, unabhängig vom Einfallswinkel. Gelangen solche Strahlen in die Sichtlinie des in den Nadir blickenden Sensor, werden sie unter einem großen Winkel gestreut. Dieser Prozeß gewinnt mit zunehmender Albedo an Bedeutung für die Auffüllung.
2.
Wie bereits in Abschnitt 5 dargestellt wird die STG für die diffuse Strahlungskomponente bestimmt, die gesamte Strahlung ist allerdings erst nach Addition der direkten Strahlungskomponente vollständig bestimmt. Die direkte nach oben gerichtete Strahlung war:
ALT   
Dieser Term wird durch die Addition zur diffusen Strahlung in der Auffüllung Phi nicht gekürzt werden können. Netto verbleibt damit dieser Term daher im Nenner und führt somit zu einer Verringerung der Auffüllung bei großer Bodenalbedo. Damit erklären sich auch die allgemein niedrigeren Auffüllungswerte gegenüber den Ergebnisse ohne Bodenreflektion für kleine SZA.

Für kleine SZA ist der Einfluß beider Prozesse ähnlich stark, da ansonsten kleinste Auffüllungswerte für große Albeden und umgekehrt zu erwarten gewesen wären. Mit zunehmendem SZA steigt der Einfluß des erstgenannten Effektes und damit ergeben sich größte Phi Werte für eine Albedo von 0.95.
Vergleich der Phi Werte mit Bodenreflektion der beiden Modelle (ohne Aerosolstreuung): Die Auffüllungswerte von gometran (in Abbildung 9.3, links) liegen wie schon für die Berechnungen ohne Einbeziehung der Bodenalbedo (in Abbildung 9.1, rechts) über denen des GSFC Modells.

  ALT

Die Einbeziehung der Bodenreflektion verstärkt allerdings die Unterschiede nochmals. Deutlich höhere Werte von gometran für alle Albeden sind für mittlere SZA zu erkennen, während die Differenz zwischen den Modellen für kleine SZA (ALT) und große SZA (ALT) kleiner wird. Dieses Verhalten war zu erwarten, da für kleine SZA der Einfluß der Auffüllung abnimmt und für große SZA der Einfluß der Bodenalbedo abnimmt (und damit ähnliche Ergebnisse wie in Abbildung 9.1 zu erwarten sind). Beides führt zu einer Annäherung der Ergebnisse der beiden Modelle. Für moderate Albeden, also Werte wie 0.08 und 0.20, sinkt die Differenz für große SZA wieder (für die Albedo 0.95 sinkt die Differenz ebenso, allerdings nicht signifikant). Dies war zu erwarten, da die Bodenreflektion für große SZA an Bedeutung verliert. Bei beiden Modellen sind die Phi Werte für eine Albedo von 0.95 bei großen SZA am größten.

Für die große Albedo von 0.95 zeigen sich die Unterschiede beider Modelle deutlicher als für die beiden kleineren Albeden. Die oben erklärte Abstrahlung vom Erdboden unter großen Winkel ist bei gometran stärker ausgeprägt als beim GSFC Modell.

Die Auffüllung in Abhängigkeit der Bodenreflektion ist bei beiden Modellen bis 40o SZA ähnlich: Für den kleinsten Albedowert (0.08) ergeben sich größte Auffüllungswerte; für eine Albedo von 0.20 sind die Werte am kleinsten; die Auffüllungswerte für eine Albedo von 0.95 liegt zwischen den beiden erstgenannten Ergebnissen. Für SZA größer 40o liegen die Auffüllungswerte von gometran für eine Albedo von 0.95 am höchsten. Dies ist beim GSFC Modell erst ab 80o zu beobachten.

Die für gometran Auffüllungen beobachtete Abnahme der Auffüllung verglichen mit dem Beispiel ohne Reflektion zeigt sich noch deutlicher bei dem GSFC Modell. Hier liegen bis etwa 70o SZA alle Auffüllungswerte unter denen ohne Einbeziehung von Bodenreflektion.

Vergleich der gometran-Phi Werte mit Bodenreflektion untereinander (mit Aerosolstreuung): Die Auffüllungwerte Phider gometran Berechnungen (siehe Abbildung 9.3, rechts) zeigen hier deutlich, daß die Aerosolstreuung den Effekt der Abstrahlung unter großem Winkel unterdrückt. Der Erklärung hierfür ist die HENYEY-GREENSTEIN Phasenfunktion (siehe Abbildung 9.2), die für Streuwinkel um die ALT kein Minimum wie die RAYLEIGH Phasenfunktion hat und somit die Isotropie der RRS Phasenfunktion nicht zum tragen kommt. Daher ergibt sich der dominante Einfluß der direkt-reflektierten Strahlung und somit die kleinsten Auffüllungswerte für die größte Albedo und umgekehrt. Für sehr große SZA nähern sich die unterschiedlichen Ergebnisse an.

Vergleich der Phi Werte mit Bodenreflektion der beiden Modelle (mit und ohne Aerosolstreuung): Die Abbildung 9.3 rechts oben zeigt, daß die Ergebnisse deutlich unter denen, die ohne Aerosolstreuung gerechnet wurden, liegen. Dies wird mit oben Erklärtem klar: der dominante Einfluß durch die direkt-reflektierte Strahlung ergibt sich in erster Linie eine Schwächung durch die Bodenreflektion. Die Abstrahlung unter großem Winkel ist relativ (zur Aerosolstreuung) betrachtet zu klein, als daß sie signifikanten (positiven) Beitrag zur Auffüllung liefern kann.

Allgemein zeigt sich, daß die Modellierung der Bodenreflektion in gometran relativ deutliche Unterschiede in der Auffüllung produziert. Die Einbeziehung von Aerosolstreuung führt zu entsprechend deutlichen Unterschieden.

Nicht dargestellt sind Untersuchungen mit unterschiedlich großen Aerosolkonzentrationen- und Typen. Erste Ergebnisse in dieser Richtung zeigen eine große Variabilität der Auffüllung bezüglich Aerosolkonzentration- und Typ.



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Marco Vountas