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In Memoriam

Zum Tod von Wolfgang Roether

Wir trauern um Wolfgang Roether, der am 17. Juni 2022 im Alter von 86 Jahren verstarb. Mit ihm verlieren wir einen Pionier und äußerst engagierten Vertreter des Fachs Umweltphysik. Wolfgang Roether studierte Physik an der Universität Heidelberg, wo er 1961 sein Diplom in Physik, 1967 seine Promotion und 1972 seine Habilitation abschloss. Während seiner gesamten Forschungskarriere leitete und beteiligte sich Wolfgang an vielen internationalen wissenschaftlichen Kollaborationen. Frühe Beispiele dieses Engagements sind seine Forschungsaufenthalte von 1967 bis 1968 am Council for Scientific and Industrial Research in Pretoria, Südafrika, und von 1972 bis 1974 am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University, New York, USA. Im Jahr 1975 wurde er auf eine Professur ans neu gegründete Institut für Umweltphysik der Universität Heidelberg berufen. Wolfgang Roethers Beiträge zur Umweltphysik konzentrierten sich auf das Verständnis der Verteilung von Spurenstoffen im Ozean und der daraus gewonnenen Information über dessen Zirkulation und Wassermassenverteilung. Er benutzte hierzu eine Vielzahl verschiedener Spurenstoffe, zum Beispiel Tritium, 3 He, 14C, 85Kr, 90Sr, Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW), 39Ar oder 226Ra. Um diese Spurenstoffe mit geeigneter Auflösung messen zu können, trug er auch wesentlich zur Entwicklung neuer Messmethoden bei und verbesserte unser Verständnis des Eintrags der Spurenstoffe in den Ozean. Seine frühen Studien zum Eintrag von Tritium ins Grundwasser und die Messung von Tritium in altem Wein unterstützten diese Arbeiten. Auch zur experimentellen Bestimmung der Austauschraten von Gasen wie CO2 leistete er grundlegende Beiträge. Hierzu entwickelte er eine neue Methode zur Messung des 222Rn-Defizits in der Deckschicht der Ozeane, dessen Gasaustauschrate sich damit bestimmen ließ.

Nach einem Aufenthalt als Gastprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel wurde er 1987 auf eine Professur an die Universität Bremen berufen. Mittlerweile galt er als ein anerkannter Pionier der Tracer Ozeanographie, der seine Forschung immer wieder mit neuen Methoden bereicherte und diese auf neue Probleme wie zum Beispiel die Zirkulation im Mittelmeer und dessen Variabilität anwendete. Seine Arbeiten bezogen sich neben dem Mittelmeer auch auf den Atlantik, das Nordmeer, den Pazifik und den Südlichen Ozean. Er hatte somit wesentlichen Anteil an der Erforschung der globalen Ozeanzirkulation. Ein übergeordneter Gesichtspunkt der Forschung von Wolfgang Roether waren die Betrachtung des Ozeans als Teilsystem der Umwelt und die Anwendungen seiner Messungen für die Klimaforschung sowie für eine verbesserte Wiedergabe der tief reichenden Zirkulation in dynamischen Zirkulationsmodellen des Ozeans. Das Mittelmeer dient hier als ein Modell für die klimabedingte Veränderung der ozeanischen Zirkulation. Wolfgang Roether gebühren große Verdienste in der Etablierung der Umweltphysik als Teilgebiet der angewandten Physik. Schon in Heidelberg trug er wesentlich zum Aufbau dieses neuen Bereichs der Physik bei. In Bremen hat er das 1993 gegründete Institut für Umweltphysik wesentlich mitgeprägt. Als sehr engagierter Sprecher vertrat er dieses bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000. Insbesondere war er die treibende Kraft bei der Gründung des Fachverbands Umweltphysik der Deutschen Physikalischen Gesellschaft im Jahre 1998 und agierte als dessen Sprecher bis 2003. Für dieses Engagement erhielt er 2017 die Ehrennadel der DPG. Wolfgang war nicht nur ein exzellenter Wissenschaftler, sondern auch ein hervorragender Mentor für seine vielen Doktoranden und Postdoktoranden sowie ein sehr angesehener Kollege. Er war auch ein herausragender Musiker und ein wichtiges Mitglied des Bessel Kollegiums, einer Gruppe von Physikprofessoren, die bei Veranstaltungen im Fachbereich 1 der Universität Bremen für die musikalische Begleitung sorgten. Mit dem Tod von Wolfgang Roether hat das Forschungsgebiet der Umweltphysik einen Pionier der Tracer- Ozeanographie, einen herausragenden Forscher und Hochschullehrer sowie einen angesehenen Kollegen verloren. Am 27. Juli 2022 hat Wolfgang seine letzte Reise angetreten und wurde auf See bestattet. Seiner Familie und den Hinterbliebenen sprechen wir unser Bedauern und tiefes Beileid aus.

Werner Aeschbach und Ulrich Platt, Institut für Umweltphysik, U Heidelberg; John P. Burrows, Justus Notholt, Monika Rhein und Klaus Künzi, Institut für Umweltphysik, U Bremen; Christian von Savigny, Umweltphysik, U Greifswald; Peter Schlosser, Vice President and Vice Provost of Global Futures, Arizona State University